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Möwengeschrei und Strandwurst – Unser erster Strandurlaub zu dritt

Sommerzeit ist Reisezeit und seit fast drei Jahren verreisen wir nicht mehr als kinderloses Pärchen, sondern in Familie. Das ist sozusagen die fortgeschrittene Variante. Wir werden von Jahr zu Jahr besser darin, entspannter. Doch unseren ersten Strandurlaub habe ich noch lebhaft im Gedächtnis …

Sommer 2017:

Es soll Paare geben, für die der gemeinsame Urlaub zu einer wahren Beziehungsprobe wird. Sommer, Sonne, Zickigsein.

Bei uns nicht! Im Urlaub war alles so entspannt und harmonisch, fast schon kitschig.
Doch echt, zu zweit verreisen konnten wir bislang gut warum soll das nicht auch mit Baby gehen?

Ein Strandtag lief bei uns für gewöhnlich folgendermaßen ab:

Irgendwann am späten Vormittag aufwachen, opulentes Frühstück mit frischen Brötchen, Obst und allem was das Herz begehrt. Danach einen Blick gen Himmel, ein paar Milchreis-Wölckchen, ansonsten Sonnenschein. Ab ans Meer! Die Strandtasche steht noch vom Vortag. Der Inhalt besteht aus Badetuch, Bikini & Buch. Fertig!
Den ganzen Tag aalt man in der Sonne, steckt immer mal einen Zeh ins kühle Nass, holt sich ein Eis zum Mittag, liest, und am Abend kehrt man mit Sand in den Haaren und Sommersprossen auf der Nase in einem netten Fischlokal ein. Perfekt.

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So harmonisch wie auf diesem Bild lief der Urlaub. Nicht! Doch lest selbst …

Was nun folgt, ist die Gegendarstellung. Ein Strandtag mit Baby …

Der Tag startet, wie immer, zu früh. Dem Baby ist es egal ob wir Urlaub haben oder nicht. Er schaut mich mit verwuscheltem Babyflaum an und der Blick sagt „ich befürchte, ich bin wach!“
Das befürchte ich auch. Also stehen wir auf, während sich die kinderlosen Paare gerade noch mal auf die andere Seite drehen. Dafür verpassen die aber die lange Schlange beim Bäcker und die kiloschwere Nacht-Windel. Hah! Das haben sie nun von ihrem Rumgelümmel.

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Ein Kaffee am Morgen, vertreibt Kummer und Sorgen.

Man muss das mal von der positiven Seite sehen, wenn wir so früh auf den Beinen sind, dann haben wir viel mehr Zeit für den Strand. Also ab an den Frühstückstisch. Der Mini ist, gelinde gesagt, etwas knatschig und gerade in einer Findungsphase was seine kulinarischen Vorlieben angeht. Nachdem der Zwieback bereits zu Konfetti verarbeitet wurde, muss nun das Milchbrötchen dran glauben. Das Müsli mit Joghurt landet dekorativ auf dem Outfit des Tages. Dann halt nicht!
Die kleine Hand schraubt am Ohr rum. Ein eindeutiges Zeichen. Seine kleine Lordschaft ist schon wieder müde. Klar, wer so früh raus muss … Also geht es zum Frühstücksschläfchen ins Bett. Auch gut. Dann kann ich schon mal das Mittagessen vorbereiten und die Strandsachen packen. Alles nicht mehr so fluffig lässig wie früher. Wir packen für den Strand, als wollten wir unsere Lager bis zum Herbst dort aufschlagen;

  • zig Handtücher
  • Badetiere
  • Sandspielzeug muss natürlich auch mit
  • Snacks für zwischendurch
  • mehrer Outfits für den Notfall
  • warme Sachen falls es kalt wird
  • Sonnencreme
  • diverse Kopfbedeckungen
  • ausreichend Getränke
  • Feuchttücher
  • Strandmuschel

Furchtbar, eine Strandmuschel! Frühere haben wir uns immer über die Strandmuschelbesitzer lustig gemacht. Das ist wirklich nur was für Spießer. Menschen, die zu jeder Gelegenheit Outdoorkleidung tragen. Von dort ist es nur noch ein ganz schmaler Grad bis Socken-in-Sandalen-Träger!

Und heute? Da sind wir selbst stolze Besitzer von Strandmuscheln. Ja, Plural. Wir haben gleich zwei!

Es dauert eine halbe Ewigkeit bis alle Sachen in der Ferienwohnung zusammengesucht und verstaut sind. Der Mini ist mittlerweile wieder wach und zu neuen großen Taten bereit. Es ist bereits späte Mittagszeit. Deswegen gibt es erstmal Essen. Und weil ein Eis zum Mittag irgendwie die falschen pädagogischen Signale setzt, wird gekocht. Fix ein paar Nudeln in den Topf werfen, dann können wir endlich den herrlichen Sommertag am Meer genießen.
Doch das Essen zieht sich in die Länge. Der kleine Gourmet muss den Inhalt jedes Löffels erst mal genau mit den Fingern prüfen, bevor er in den Mund wandert. So eine Sauerei! Also einmal noch schnell die Küche der Ferienwohnung renovieren. Wenn’s sonst nix ist.

So, endlich sind alle Bäuche voll. AB AN DEN STRAAHAAND! Halt. Stopp!
Als verantwortungsbewusste Erziehungsberechtigte gibt es erst eine Runde Sonnencreme für alle. Der Mini wird von den wenigen Fusseln auf den Kopf bis zu den rosa Füßchen in die dickflüssige weiße Pampe gehüllt. Sonnencreme mit dem LSF 50 lässt sich so gut verteilen wie Penatencreme. Also dauert es. Mal wieder.

Sind jetzt langsam mal alle fertig? Ja? Prima, ist ja auch erst 15 Uhr …

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Unser Ziel fest vor Augen. Der Strand an der Seebrücke in Prerow.

Unsere Karawane besteht aus 2 Leihfahrrädern und einem brandneuen Fahrradanhänger. Das sind diese sündhaft teuren Teile, die man sowohl als Wagen, als auch als Fahrradanhänger benutzen kann. Die schiebende Variante findet der Mini völlig in Ordnung. Sitzt drin wie Chefchen und lässt de Welt an sich vorbei ziehen. Die Anhänger-Variante findet er suboptimal. Und so weiß nun auch der ganze Badeort, dass “Reisegruppe Tausendschön” auf dem Weg zum Strand ist! Ich versuche das Geschrei auf den billigen Plätzen wegzustrampeln.

Der Weg bis zum Strand ist eigentlich nicht weit. Deswegen brauchen wir auch „nur“ 45 Minuten. Meine entspannte Urlaubslaune liegt wahrscheinlich gerade mit nem Cocktail am Strand, allerdings auf Ibiza. Hier habe ich sie jedenfalls schon länger nicht mehr gesehen. Abwarten … wenn wir erst mal alle drei die nackten Zehen in den Stand stecken, dann ist alles wieder gut.

Endlich, wir sind am Strand. Es ist weit nach 16 Uhr. Die ersten Badegäste packen schon wieder zusammen.

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Der Blick durch die Dünen auf die Ostsee. Herrlich, oder?

Jetzt muss nur doch der Anhänger durch die Dünen an den Strand geschleift werden und da wären wir. Geschafft. Fast. Bevor wir uns entspannt im Sand ausstrecken, müssen die Zelte aufgeschlagen werden. Wortwörtlich. Kann ja nicht so kompliziert sein. Eine Strandmuschel, drei Streben, ein paar Heringe zum Fixieren. Kein Hexenwerk.

Wäre da nicht die steife Ostseebrise und die Tatsache, dass mein zweiter Name „Ungeduld“ lautet. So stehen wir also endlich am Strand und streiten. Also ich streite, schimpfe wie ein Rohrspatz. Der Kindsvater tut das einzig vernünftige. Er schaltet auf Durchzug. Jetzt sind wir also nicht nur Strandmuschelbesitzer. Nein, wir sind Strandmuschelbesitzer, die sich wegen des blöden Dings auch noch in die Wolle kriegen. Muss ich noch mal erwähnen, dass wir uns früher nie im Urlaub gezofft haben? Früher, vor dem Kind. Und vor der Strandmuschel.

Wenigsten haben die anderen Badegäste ihren Spaß dabei uns drein zuzusehen. Moment. Drei? Wo ist denn der dritte? Vor lauter Strandmuschel-Ehekrise habe ich den Mini völlig vergessen.

Dahinten krabbelt er ja. Ist schon fast am Meer! Ach du meine Güte! Der wird sich wohl auch gedacht haben, „macht ihr mal, ich hab Urlaub!“

Der Rest des Tages verläuft ganz gut, fast schon friedlich. Der Mini ist alles andere als wasserscheu, also landen wir alle drei in der Ostsee. Die Wassertemperatur beträgt ungefähr 2 Grad Celsius (Angabe ohne Gewähr, nur mein grober Schätzwert). Wir kullern gemeinsam durch die Dünen, sehen dank der dicken Sonnencreme aus wie Schnitzel mit Panade. Macht uns nix.

Es werden Sandburgen gebaut und im nächsten Atemzug wieder zerstört. Und die Strandmuschel bleibt den ganzen Tag lang … leer!

Für den Babymann ist es ein Paradies. Der größte Sandkasten der Welt, Wasser wohin das Auge reicht und die Sonne lacht vom Himmel. Mein Frisör würde sagen, „ein Traum mit Erdbeerschaum!“

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Der kleine Mann und das Meer. Der Beginn einer wunderbaren Freundschaft.

Die Windel sparen wir uns. Selbst wenn er mal in den Sand pinkelt, dann ist es ja gleich wieder weg. So als wäre überall Katzenstreu. Ich beobachte den Mini, wie er da friedlich mit seinem nackten Hinterteil im Sand sitzt und sich des Lebens freut. Ach, so ein Strandurlaub mit Baby ist wirklich schön!
Jetzt sitzt er aber schon ganz schön lange an dieser Stelle. Und er ist so ruhig. Viel zu ruhig. Er wird doch nicht … Oh doch. Wird er!
An alles habe ich gedacht. Doch die eine Sache, die jeder Hundebesitzer in der Stadt immer bei sich führt, habe ich vergessen. Eine Häufchentüte. Das Baby grinst erleichtert und ich stehe völlig ratlos neben der Strandwurst. Kann ich da jetzt einfach ne Burg drüber bauen? Lieber nicht. Die zündende Idee ist dann der Pappbecher, in dem bis eben noch mein Cappuccino dampfte. Nun dampft etwas anderes darin. Wie heißt es so schön? „Der Morgenschiss, der ist gewiss, auch wenn es erst am Abend ist.“ Geh ich zu weit, liebe Leser? Ist das alles zu bildlich? Früher war mir dieses ganze Pippi, Kacka, Fäkalthematik auch immer etwas zu viel. Doch früher hatte ich auch noch keine Strandmuschel!

Ruck-Zuck vergeht der Tag am Strand, und an einer Urlaubswoche ist sowieso nix dran.

Bilanz des ersten Strandurlaubs mit Baby:

  • Besuchte Fischlokale: 1 (sobald der Mini satt war wollte er auch prompt gehen, Manieren üben wir noch mal …)
  • Opulentes Frühstück: 0
  • Lange Ausschlafen: 2 (Jawohl, der Babymann hat nämlich zweimal bei meinen Eltern übernachtet. Wirklich praktisch, diese Großeltern!)
  • Gelesene Bücher: 1 (“Mautz und Hoppel bauen ein Haus“)
  • Neuer Zahn: 1 (das wird langsam zur neuen Urlaubstradition)
  • Freilufthäufchen: 1 (eine schöne Geschichte, die man später mal der ersten Freundin erzählen kann, wie ich finde)

Liebe Leser, der Urlaub ist nicht mehr so harmonisch wie früher. Von Entspannung ist er so weit entfernt wie die Ostsee von der Karibik. Mit dem Mini ist es irgendwie … anders schön. Abwechslungsreich, spannend und sehr unterhaltsam. Weit entfernt von Langeweile.

Wir gehen nach wie vor gerne auf Reisen und halten Kanada mit Kleinkind immer noch für eine spitzen Idee! Im September geht es los. Drei Wochen mit dem Camper durch Kanadas wilden Westen. Und wisst ihr, was wir dort ganz sicher nicht brauchen?

Eine Strandmuschel.

Ein paar romantische Ostseebilder. So schön ist Prerow auf dem Fischland.

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2 Kommentare

  1. Melie says:

    Da kann ich voll mitfühlen. Unseren ersten Urlaub zu dritt haben wir in Dänemark verbracht. Unser Sohn war damals ein dreiviertel Jahr und bekam Zähne. Mehr muss ich eigentlich nicht sagen. Wir waren jeden Tag gegen halb fünf wach und hatten die erste “Baggi-Runde” noch vor den Hundebesitzern und brötchenholenden Rentner hinter uns. Letztes Jahr ist der “Dänemarkzahn” dann auf Mallorca rausgefallen. 😃

    1. rosakroko says:

      Au weil! Noch vor den Rentner unterwegs sein, das ist ein schlechtes Zeichen! 😉 Aber anscheinend müssen alle Eltern mal durch diese Phasen durch. Es kommen ja zum Glück auch wieder andere Tage! 🙂

      Liebe Grüße an dich!

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